An Fronleichnam macht der Regen eine Pause
Helga El-Kothany
„Heute Morgen um halb acht hat es noch geschüttet”, sagt ein Mitglied des Cleebronner Musikvereins unter dem strahlend blauen Himmel über dem Michaelsberg. Ob die Fronleichnams-Prozession stattfinden kann, ist am Tag zuvor noch ungewiss. Vorsichtshalber verlegen einige Pfarreien ihren Gottesdienst daher komplett in die Kirche. Im Zabergäu hat man wohl darauf vertraut, dass der Himmel mitspielt - und der Donnerstag entwickelt sich zu einem herrlichen Sonnentag. Und der lockt viele Kirchgänger und Ausflügler auf den Berg. Autos parken, wo immer sich eine Möglichkeit bietet, und der Boni-Bus der katholischen Kirche bringt im Fünf-Minuten-Takt die Besucher hoch zur Kapelle. Am Blumenteppich am alten Fernrohr wird gerade noch letzte Hand angelegt. Seit Dienstag sind Doreen Richter und viele Helfer mit dem Blumenteppich beschäftigt, auch bei Regen - wie auch eine Gruppe „Teppichlegerinnen” in Stockheim, wo der Gottesdienst und die Prozession schon früher am Morgen stattfinden. „Das Legen des Teppichs ist unkritisch. Er ist dabei von einem Zelt geschützt”, sagt Doreen Richter, die die Tradition ihrer Familie weiterführt. Ihre ungarn-deutschen Vorfahren sollen sie aus ihrer Heimat, Budaörs, mitgebracht und im Zabergäu eingeführt haben. Seit 1996 ist es nun die Aufgabe der Urenkelin, die Blumen zu besorgen, Blütenblätter abzuzupfen und sich die Bildmotive zu überlegen. „Die suche ich mir in Kinderbibeln aus.” Dann wird das Bild aufgemalt und die Formen werden mit den Blättern ausgefüllt.
Der farbenprächtige Teppich im Innenhof, wo der Gottesdienst stattfindet, zeigt Jesus im Boot auf dem See Genezareth. Da es kaum so viele blaue Blumen gibt, hat sich Doreen Richter mit blauem Stoff beholfen. Für Pfarrer Oliver Westerhold ist der vom Musikverein musikalisch umrahmte Gottesdienst bereits der zweite an diesem Vormittag - nach Stockheim. Er geht auf die Bedeutung des Hochfestes mit dem irreführenden Namen ein, das für die Katholiken denselben Rang einnimmt wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Ein frohes Fest, das am 60. Tag nach dem Ostersonntag an Jesus’ Mahl mit seinen Jüngern erinnert. An das Brot und den Wein als Zeichen dafür, dass er das „Brot des Lebens” ist. In der Prozession geht der Pfarrer mit dem Brot/Leib des „lebendigen Herrn” - das bedeutet das Wort Fronleichnam - in der Monstranz zu den beiden weiteren Altären auf dem Berg. Die Gottesdienst endet in der Kapelle mit dem lateinischen Hymnus „Tantum ergo”, den Thomas von Aquin eigens für Fronleichnam geschrieben hat und der die Bedeutung von Brot und Wein aufgreift.
Nach dem Segen und dem abschließenden „Großer Gott” gibt es für die Musiker kräftigen Applaus. Fast zwei Stunden lang haben sie den Gottesdienst begleitet und an verschiedenen Stellen auf dem Berg musiziert.
Ein sonniger, fröhlicher Tag, der bei gemeinsamem Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen, dem sich viele Wanderer und Radler anschließen, weiterhin schwungvoll begleitet wird von den Cleebronner Musikern, jetzt allerdings mit flotten Schlagern.