Wo einst ein römischer Kaiser durchzog
Helga El-Kothany
Auch die vorletzte Ortsführung anlässlich 50 Jahre Gesamtstadt Brackenheim am vergangenen Sonntag in Meimsheim ist wieder außerordentlich gut besucht.
Günter Keller, der Hausener Ortshistoriker, hat sich auch intensiv mit der Geschichte des Nachbarortes beschäftigt, deren Bewohner man zwar spöttisch wegen einiger magerer Böden als “Roggalupfer” bezeichnete, im Ernstfall aber mit ihnen an einem Strang zog.
Treffpunkt ist der Lindenplatz – wo das Glockenläuten der Martinskirche gleich Anlass zu einem kleinen Exkurs in die Töne der vier Glocken gibt. Außerdem erklärt Keller den Unterschied zwischen Läuten und Schlagen - damit alle wissen, was die Stunde geschlagen hat.
Fünf Straßen laufen seit alters her am Lindenplatz zusammen, darunter eine römische Heerstraße, die möglicherweise schon Kaiser Caracalla benutzt, als er durch das Zabergäu zieht. Der Winkel, den die Straßen bilden heißt lateinisch „angulus”. Und so kommt die Angel ins Meimsheimer Wappen!
Eine weitere Besonderheit, auf die Keller hinweist, ist die Robert-Mayer-Straße, benannt nach dem früheren Meimsheimer Pfarrer, in jungen Jahren Erzieher des Grafen Zeppelin. Dieser beschenkt ihn zur goldenen Hochzeit reichlich und lenkt sein Luftschiff im August 1908 gar über Meimsheim - bevor es nach einer Notlandung in Echterdingen in Flammen aufgeht.
Und natürlich ist der Platz bekannt durch seine Linde. Dieses „tausendjährige” Naturdenkmal, unter dem im Mittelalter Recht gesprochen wird, wird 1994 aus Sicherheitsgründen gefällt. Aber ein Trieb ist bereits zu einem stattlichen Baum herangewachsen.
Seit 1949 ist der Lindenplatz zudem Ausgangs- und Endpunkt des Laternenfestumzugs.
Günter Keller, der bei seinen Vorträgen aus dem Vollen schöpfen kann und zu allen Fakten Geschichten, Geschichten und Anekdoten beisteuert oder auch mal seinen Bass ertönen lässt, wenn sich ein Lied als Erklärung anbietet, bleibt mit seinen Zuhörern auf dem Gelände und widmet sich zuerst vielem, was um die Kirche herum und am Kirchengebäude selbst erwähnenswert ist.
Der hauptsächlich spätgotische Bau ist nicht in der Ortsmitte, sondern auf freiem Feld erbaut und nicht exakt nach Osten ausgerichtet. Genauso wenig wie die Fundamente einer wohl früheren Kirche, die man bei Arbeiten vor nicht allzu langer Zeit entdeckt hat.
Neben dem Eingang lässt sich das Jahr 1455 noch gut ablesen sowie die Abkürzung „pēth“ - für das griechische Wort für Pfingsten. Die heutige Kirche wird in mehreren Phasen errichtet. Auffallend ist der achteckige Kirchturm. Sinnbildlich steht das Oktogon für Vollkommenheit.
Wohlhabende Bürger wie der Ochsenwirt Amos widmen ihren Verstorbenen kunstvolle Grabplatten, Epitaphe, mit vielen Einzelheiten über die Toten.
Bis ins 15. Jahrhundert ist die Martinskirche zuständig für Taufen und Beerdigungen auch für Hausen, Dürrenzimmern, Neipperg, Botenheim, selbst Cleebronn. Nur von 1647 bis 1653 ist Meimsheim eine Filiale von Hausen.
Weniger schöne Geschichten als die Epitaphe erzählen die Kreuze auf Gräbern von Zwangsarbeitern, Selbstmördern oder im Krieg Erschossenen.
Auch in der Kirche, die sich fast bis auf den letzten Platz füllt, gibt es viel zu erzählen.
Auffallende Bildtafeln der 12 Jünger, ergänzt mit Jesus, Lukas, Markus, Paulus und Luther, schmücken die Empore. An der Wand finden sich noch Fresken. Im Chor leuchten drei moderne Fenster des Glasmalers Adolf Valentin Saile.
Höchst Interessantes bietet auch die Sakristei. Dort hängen zwei Steine mit lateinischen Inschriften: Der Caracalla-Stein, einst in der Kirche vermauert, davor wohl auf einem öffentlichen Gebäude, erinnert an den Germanenfeldzug Caracallas im Jahr 213 n. Chr. Das Original ist im Neuen Schloss in Stuttgart. Bemerkenswert ist, dass bereits der deutsche Gelehrte Petrus Apianus (1495-1552) darüber schreibt! Der zweite Stein, ein Grabstein, stand wohl entlang einer Römerstraße.
Zu Ehren der Schlacht gegen die Germanen widmete man Kaiser Caracalla diesen Stein. Auch die Führung mit Günter Keller in Meimsheim war sehr gut besucht.