Brackenheimer Vielfaltsfeschdle setzt einen bunten Schlusspunkt hinter die Jubiläums-Veranstaltungsreihe
Für Offenheit, Toleranz und Vielfalt
Helga El-Kothany
Die acht erfolgreichen Donnerstagabend-Jubiläumsfestle in allen Stadtteilen sind vorbei und mit ihnen offensichtlich das Sommerwetter, sodass die besondere Abschlussveranstaltung am vergangenen Donnerstag vom verregneten Rathausvorplatz in den Bürgersaal des Rathauses verlegt werden muss.
Mit dem „Vielfaltsfeschdle” - einem Zungenbrecher nicht nur für die vielen ausländischen Mitbürger z.B. aus Syrien, Afghanistan oder der Ukraine, wie Bürgermeister Thomas Csaszar belustigt feststellt - möchte die Stadt im 75. Jahr des Grundgesetzes und der darin allen Menschen zugestandenen Würde ein Zeichen setzen gegen Fremdenfeindlichkeit und Vorbehalte gegen Migranten wie zuvor auch schon das Frühstück des Netzwerks „Bunter Hund” für Vielfalt und Demokratie.
Zweitausend Bürger aus 70 Nationen leben in Brackenheim. Für Thomas Csaszar eine Bereicherung in vieler Hinsicht. „Wie langweilig wäre unsere Welt, wenn alle gleich wären.” Seit 2014 kämen viele Menschen als Schutzsuchende aus Kriegsgebieten, die zuerst einmal versorgt werden müssten, was für die Kommunen ein enormer Kraftakt, eine Herausforderung bis hin zur Überforderung sei.
Dennoch appelliert er an den Willen zur Integration, zum Verständnis auf beiden Seiten, ohne schwerwiegende Fehler und Vorkommnisse zu verschweigen. Fremde sollten hier heimisch werden wollen, was Offenheit und Abbau von Vorurteilen bei den Einheimischen erfordere. Er wiederholt den oft zitierten, aber wichtigen Satz: „Integration ist keine Einbahnstraße.” Ein Satz, der sich gut ergänzt mit Heuss’ Formulierung seines Demokratieverständnisses.
Den Anstoß zum Fest gibt, wie die Leiterin der Stabsstelle für Integration Mirjam Brennecke erzählt, Olena Kulyk, eine Geflüchtete aus der Ukraine und leidenschaftliche Sängerin. Im Trachtenkleidchen singt sie auf ukrainisch und russisch, zuerst Getragenes über die Liebe zur Heimat. Bei dem flotten Liedchen über die Liebe zwischen Maria und Iwan muss man nichts verstehen. Rhythmus und gute Laune übertragen sich auf die Zuhörer, die laut mitklatschen.
Aus Nigeria stammt der englischsprachige Hip-Hopper Lilcy, dessen selbst getextete und komponierte Lieder durchaus Charts-Qualität haben. Der junge Christ aus Stuttgart kommt über die Bekanntschaft mit Diakon Jochen Baral zum Fest. In seinen Liedern verarbeitet er die schwere Zeit der Trennung von der Mutter. Diese kommt vor zwölf Jahren zur Behandlung einer Schusswunde nach Deutschland. Die Familienzusammenführung erfolgt im letzten Jahr! Seither hat er schon viel Deutsch gelernt. „Zugabe!”
Den „Main Act”, wie Integrationsmanagerin und Moderatorin des Abends Ramona Antwi Abeyie ankündigt, bestreitet Benjamin Köhler alias Benjakob, Lehrer, Sänger, Gitarrist, Songwriter mit deutsch-amerikanischen Wurzeln. In seinen Liedern geht es um alles, was das Leben ausmacht, in erster Linie um Zwischenmenschliches. Sein erster Song mag alle über das Regenwetter hinwegtrösten: „No rain, no flowers.”
Es ist ein unterhaltsamer Abend bei Musik und Gesprächen, bei gegrillten Würstchen und Getränken, die Mitglieder des VfL bereitstellen. Einige ältere deutsche Besucher, die eigens aus Zaberfeld gekommen sind, schätzen die gute Stimmung. Was Christiane Mörk so beeindruckt, fasst sie in einem kurzen Satz zusammen: „Keiner hat gejammert und geklagt.”